Meine Reise-Experten
Eine der schönsten Flusslandschaften der Erde und zwei Städte, die sich mit Angkor Wat messen können: Bagan und Mandalay. Mit dem Kreuzfahrtschiff dauert die Reise zwischen den burmesischen Königsstädten mehrere Tage. Mit dem Auto nur ein paar Stunden. Aber wer würde schon Prosa wählen, wenn er auch Poesie haben kann?
Neun lange Jahre mussten die Deutschen nach dem Ende der Teilung warten. Dann wurde ihr Regierungssitz nach Berlin verlegt. Für asiatische Verhältnisse ist das eine geradezu lächerlich kurze Zeitspanne. Ganze 2400 Jahre mussten sich die Burmesen gedulden, bis ihre Hauptstadt am Fuß des Mandalay Hill errichtet wurde. Buddha selbst, so die Legende, hatte bei einer Reise durch Burma das Jahr 1857 unserer Zeitrechnung als Gründungsjahr für eine Metropole an ebendieser Stelle prophezeit.
Buddhas Drei-Jahrzehnte-Hauptstadt
Eine sehr weitsichtige, aber unter Gesichtspunkten der Geldanlage nicht wirklich langfristige Vorhersage: nach 28 Jahren hatte die Freude an der neuen Immobilie ein Ende. Die Briten kamen, sahen, siegten und verlegten alle wesentlichen Kunstschätze in ihr bis dahin noch recht mäßig bestücktes Victoria and Albert Museum in London. Was die Briten nicht plünderten, versank im Zweiten Weltkrieg erst im japanischen, dann im alliierten Bombenhagel.
Das klingt nicht nach einem Urlaubsziel ersten Ranges? Falsch! Zum einen hat Mandalay für Burma große wirtschaftliche und – dank Buddhas Besuch – auch eine herausragende religiöse Bedeutung. Die Stadt und ihr Hausberg sind übersät mit gut gepflegten oder wieder aufgebauten Monumenten. Zum anderen liegt sie am Irrawaddy, dem wichtigsten Fluss des Landes. Und hier beginnt – oder endet – eine der schönsten Flusskreuzfahrtstrecken der Welt; oft bezeichnet als Road to Mandalay.
Urlaub wie auf einer privaten Yacht
Das wohl mit Abstand schönste Schiff auf dieser Wasserstraße ist die Sanctuary Ananda. Sie wurde speziell für den Einsatz in den oft flachen Gewässern entworfen und im Land gebaut. Teakholz und Seide, traditionelle Handwerkskunst und modernes Design. An Deck, im Restaurant oder in einer der nur 21 luxuriösen Kabinen an Bord fühlt man sich wie auf einer privaten Yacht.
Auch der Zeitplan der Cruise ist luxuriös. Für die Fahrt in das knapp zweihundert Kilometer flussabwärts gelegene Bagan benötigt man mit dem Auto etwa vier Stunden. Mit der Sanctuary Ananda vier Tage. Für den Rückweg wurden ein paar Programmpunkte eingespart. Flussaufwärts dauert es deshalb nur drei Tage, was einen Fahrplan im Wochen-Rhythmus ermöglicht. Echte Kreuzfahrt-Liebhaber können auch eine achttägige Variante mit besonders vielen Stopps an Land und noch mehr Zeit an Bord wählen.
Auf der Brücke zwischen Himmel und Erde
Unsere Empfehlung ist eindeutig mindestens die viertägige Variante, auch weil sie den Höhepunkt der Cruise am Ende der Fahrt hat. Doch dazu später mehr. Schon während der ersten Tage merkt man deutlich, was diese Gegend zu einer der schönsten Flusslandschaften der Welt macht. Majestätisch gleitet das Schiff über den breiten Strom, der sich hier gemächlich durch das Tiefland schlängelt. Zu beiden Seiten liegen beschauliche Dörfer, Pagoden in jeder Größe sowie diverse ehemalige Königsstädte und Residenzen. Schließlich wollte man die 2400 Jahre bis zur Umsetzung der Hauptstadt-Prophezeiung nicht gänzlich „unverbaut“ verstreichen lassen.
Das Schiff legt während der Kreuzfahrt immer wieder an, gibt viel Gelegenheit, auf Ausflügen die kulturellen Sehenswürdigkeiten oder das tägliche Leben am Fluss aus der Nähe zu erkunden. Im Gegensatz zu vielen anderen Kreuzfahrtschiffen, die oft nur nachts von einem Hafen zum nächsten fahren, verbringt man auf der Sanctuary Ananda viel Zeit mit dem, was diese Kreuzfahrt ausmacht: dem Nichtstun an Deck, dem Sitzen auf dem eigenen Balkon, während hinter der vorbeiziehenden Landschaft die Sonne untergeht, und dem Genuss der Mahlzeiten und Snacks, die das Küchenteam zubereitet. Sie gehören zu den besten Köstlichkeiten des Landes – sind allerdings dem westlichen Geschmacks- und Schärfeempfinden angepasst.
Wettstreit auf dem Tempelfeld
Zum Ende der Fahrt erreicht das Schiff die bedeutendste historische Königsstadt Burmas: Bagan. Sie galt einst als Brücke zwischen Himmel und Erde. Wie im Wettlauf um die Gunst der Götter wurde hier auf einer Fläche von über vierzig Quadratkilometern ein sakrales Gebäude nach dem anderen errichtet. Ohne auf die Kosten zu achten. Im Mittelalter zählte Bagan zu den größten Siedlungen der Welt, war etwa 15 mal größer als die City of London.
Noch heute sind über zweitausend Tempel, Pagoden und Klöster aus dieser Zeit erhalten – und mehr oder weniger gut restauriert. Zwischen ihnen herrscht Leere, weil seinerzeit nur die Sakralbauten aus Stein errichtet wurden. Es lohnt sich, nach der Kreuzfahrt noch mindestens ein oder zwei Tage in der Stadt zu bleiben. Vor allem wenn wenige Touristen unterwegs sind – in den frühen Morgenstunden oder der Abenddämmerung –, spürt man recht deutlich, was frühere Generationen in diesem Landstrich sahen: eine Brücke in eine andere Welt.
INFO
Weitere Informationen zur Kreuzfahrt mit der Sanctuary Ananda gibt es auf sanctuaryretreats.com. Lotus Travel hat verschiedene Flusskreuzfahrten mit der Sanctuary Ananda von drei bis sieben Nächten im Programm, die sich mit diversen anderen Reisebausteinen kombinieren lassen. Auf Wunsch übernimmt der Veranstalter auch die Organisation der gesamten Reise inklusive der Interkontinentalflüge. Lotus Travel Service, Telefon: +49/89/2020899-0; lotus-travel.com, info@lotus-travel.com
Burma, Birma oder Myanmar?
Die größte Bevölkerungsgruppe des Landes bezeichnet sich selbst als Bama oder Myanma. In „Burma“ – englisch ausgesprochen – ist das r kaum wahrzunehmen; Burma und Bama klingen recht ähnlich. Birma ist lediglich die eingedeutschte Variante des Namens. 1989 beschloss die Militärjunta die Umbenennung des Landes in Myanmar. Man wollte sich als selbstbewusster Staat präsentieren, der die Kolonialzeit überwunden hat. Als Zeichen ihrer Missbilligung des Regimes halten viele Staaten und Organisationen jedoch am alten Namen fest.
Text: Carsten Heider; Fotos: Sanctuary Ananda, Andreas Gilsdorf, Carsten Heider