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Sekt oder Selters • Iglus bauen in Sölden im Tiroler Ötztal

Gemeinsamer Kraftakt beim Bau eines Iglus; nach Brot und Wasser klingen die Strapazen, die man im Tiroler Ötztal auf sich nimmt, um ein frostiges Plätzchen für den nachmittäglichen Glühwein zu errichten.

Iglubau-Workshop in Sölden
Den Grundstein legt die Pistenraupe. Danach ist Handarbeit gefragt

Ein Gewölbe stürzt nur deshalb nicht in sich zusammen, weil alle Bausteine gleichzeitig fallen wollen. Wer eine Kuppel bauen möchte, muss deshalb zuerst ein Gerüst errichten, das bis zum Einsetzen des Schlusssteins den gemeinsamen Sturz in die Tiefe verhindert. Und wie baut man ein Iglu, wenn kein Holz für das Gerüst zur Verfügung steht? Muss man sich eine Eskimofamilie vorstellen, die in der Bauphase je nach Körpergröße Eisblöcke in verschiedenen Höhen stützt?

Das Fundament legt die Pistenraupe

Iglus bilden in der Architekturgeschichte eine kuriose Ausnahme. Die eisige Kuppel trägt sich auch in unfertigem Zustand selbst. Wie das kommt, und wie man ein stabiles Iglu errichtet, können Winterurlauber in Tirol lernen. Unabhängig von der Schneesituation in tieferen Lagen finden in Hochötz bei Sölden Iglubau-Workshops statt.

Einen kleinen Teil der Bauarbeiten übernimmt eine Pistenraupe noch bevor die Maurer in spe auf der Schneebaustelle anrücken. Das bullige Kettenfahrzeug schiebt einen etwa ein Meter hohen Schneehügel zusammen. Ohne diese Hilfe müsste man zuerst von Hand einen Hügel aufschaufeln und darauf herumstapfen, bis er genug Halt bekommen hat.

Iglubau-Workshop in Sölden
Iglus sind die einzigen Kuppeln, die auch in unfertigem Zustand nicht einstürzen

Eissäge statt Maurerkelle

Als erstes erklärt Outdoor-Guide Marc Brunner seinen Lehrlingen wie man den Baustoff gewinnt und verteilt handliche Sägen statt Maurerkellen. „Wir bauen meist nur Iglus mit etwa 1,60 Meter Durchmesser“, erklärt Brunner, „damit wir am Nachmittag das Erfolgserlebnis einer fertigen Kuppel haben“. Jede weiteren zehn Zentimeter Durchmesser bedeuteten etwa eine Stunde Mehrarbeit, meint der Profi. Selbst bei der kleinen Variante werden insgesamt gut 150 Blöcke mit einem Gewicht von drei bis vier Kilogramm verbaut. Insgesamt wird also gut eine halbe Tonne Schnee bewegt.

Ohne Mörtel bis zum Schlussstein

Die ersten Runden wachsen langsam aus dem verschneiten Untergrund. Es dauert, bis man die grundlegenden Handgriffe verinnerlicht hat. Dazu gehört, dass man nicht mit der Hand über die Blöcke streichen darf. Schon die geringe Reibungswärme reicht aus, um ihre Oberfläche zu verändern. Danach können sie keine feste Verbindung mehr zu ihren Nachbarn aufbauen und das Gemäuer wird instabil. Im frisch gesägten Zustand binden die Bausteine von selbst. Mörtel oder Schneematsch braucht man dafür nicht.

Iglubau-Workshop in Sölden
Ein echtes Iglu hat keine Tür. Man kriecht durch eine Höhle im Boden

Am Ende steht der Meister im Dunkeln

Höhepunkt des Tages ist das Einsetzen des Schlusssteins. Bei einem originalen Iglu steht jetzt mindestens ein Maurer im Dunkeln – zur großen Freude oder Schadenfreude seiner Mitstreiter. Echte Iglus haben weder Tür noch Fenster. So bleibt die Wärme im Kuppelbau. Eskimos graben einen Tunnel unter der Wand nach draußen. In dieses Loch fällt später die kalte Luft. Besser lässt sich ein Iglu kaum isolieren. Im Innern kann die Temperatur sogar in eisigen Nächten auf angenehme Plus-Grade ansteigen. Die Teilnehmer des Workshops entscheiden sich meist für die Variante mit ausgesparter Tür. Im eigenen Iglu möchten sowieso nur die wenigsten übernachten. Und durch eine Tür lassen sich Glühwein und Brotzeit für das obligatorische Richtfest leichter in den hübschen Rundbau tragen.

Info

Iglubau-Workshop in SöldenDer Iglubau-Workshop im österreichischen Ötztal kostet inklusive Mittagessen 99 Euro, eine Übernachtung im benachbarten Schneedorf im Vier-Personen-Iglu 124 Euro. Abendessen und Frühstück inklusive. Die Bausaison geht von Mitte Dezember bis etwa Ende März; http://www.schneedorf.com, http://www.soelden.com

Während der Wintersaison kann man in Österreich in Seefeld, Kitzbühel und Sölden in Schneedörfern übernachten, in der Schweiz zum Beispiel in Engelberg oder Zermatt. An der Zugspitze, Deutschlands höchstem Berg, gibt es ebenfalls ein Igludorf; http://www.iglu-dorf.com

Iglubau-Workshop in Sölden

Fotos: Schneedorf; Aufmacherfoto: Carsten Heider

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